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Welche Pflegekosten können Angehörige von der Steuer absetzen?

Welche Pflegekosten können Angehörige von der Steuer absetzen?

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Die Lebenserwartung steigt hierzulande ständig und es ist es sehr erfreulich, wenn beispielsweise die eigenen Eltern ihren Lebensabend länger genießen können. Das ist nur leider nicht jedem vergönnt und viele Menschen benötigen gerade im Alter Pflege. Haben Angehörige die Möglichkeit diese Kosten von der Steuer abzusetzen?

Das Wichtigste in Kürze

  • Voraussetzungen: Pflegebedürftigkeit, Zwangsläufigkeit, Bedürftigkeit
  • Häusliche Pflegekosten: Pflegedienst, Fahrtkosten, Medikamente, Betreuung etc.
  • Heimunterbringung: Verpflegung, Unterkunft, Betreuung, Pflege etc.
  • Berücksichtigung der Kosten als außergewöhnliche Belastung
  • Keine Steuerermäßigung bei Heimunterbringung, Steuerermäßigung bei Pflege von Angehörigen noch vor dem BFH

 

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Inhaltsverzeichnis:


Voraussetzungen

Viele Pflegebedürftige können die Kosten für Ihre Pflege nicht mehr selbst tragen und Angehörige übernehmen diese entweder freiwillig oder werden vom Amt dazu verpflichtet. Oftmals handelt es sich dabei um enge Verwandte, die für die Pflegekosten im häuslichen Bereich Ihres:r Angehörigen oder auch für die Unterbringung im Heim aufkommen.

Wenn Sie die pflegebedingten Kosten eines:r Angehörigen tragen, können Sie diese in der Steuererklärung geltend machen. Dazu müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt werden:

Pflegebedürftigkeit

Eine Pflegebedürftigkeit liegt vor, wenn bei der zu pflegenden Person mind. der Pflegegerad 1 festgestellt wurde.

Hier gibt es aber eine Ausnahme: Wenn keine Pflegebedürftigkeit vorliegt, können Sie trotzdem die Kosten als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigen, wenn diese Kosten gesondert von einem anerkannten Pflegedienst nach § 89 SGB XI (Träger des ambulanten Pflegedienstes, Pflegekassen, Sozialhilfeträger, Arbeitsgemeinschaften) gesondert in Rechnung gestellt werden.

Zwangsläufigkeit

Die Übernahme der Krankheits- und Pflegekosten eines Angehörigen sind als außergewöhnliche Belastungen begünstigt, wenn die Kosten aus rechtlichen oder sittlichen Gründen zwangsläufig sind. Rechtliche Gründe sind die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung von Eltern, Kindern oder Ehegatten oder auch die Verpflichtung durch das Amt. Ein sittlicher Grund ist bei einer engen persönlichen Beziehung gegeben.

Überträgt Ihnen aber der oder die Pflegebedürftige vorab Vermögenswerte im Hinblick auf sein oder ihr Alter oder einer Bedürftigkeit, liegt erst eine Zwangsläufigkeit vor, wenn die Pflegeaufwendungen den Wert des übertragenen Vermögens übersteigen. Hat Ihr:e Angehörige:r Ihnen beispielsweise ein Hausgrundstück übertragen, muss erst der Wert des Hausgrundstücks für die Pflegekosten „aufgebraucht“ sein, sodass Sie die restlichen Pflegekosten berücksichtigen können.

Bedürftigkeit

Rechtliche oder sittliche Gründe der Zwangsläufigkeit können allerdings entfallen, wenn der Empfänger nicht bedürftig ist. Dementsprechend darf der Angehörige nur wenig eigenes Vermögen besitzen, sodass er die Pflegekosten nicht selbst tragen kann. Unschädlich ist ein Vermögen bis zu 15.500 Euro oder auch ein angemessenes Hausgrundstück und Vermögensgegenstände, die zum Hausrat zählen oder einen besonderen persönlichen Wert haben.

Wie Sie erkennen können, ist die Berücksichtigung der Kosten mit einigen Besonderheiten verbunden. Prüfen Sie daher bereits im Voraus, ob ein Ansatz tatsächlich möglich ist.

Regelung für die Pflege im häuslichen Bereich

Übernehmen Sie die Kosten für die Pflege des:r Angehörigen oder werden Sie zusätzlich zur eigenen Pflege von einem Pflegedienst unterstützt, können Sie die Kosten für den Pflegedienst oder die Übernahme der Pflegekosten in der Steuererklärung geltend machen.

Abziehbare Aufwendungen sind bspw. Kosten für die ambulante Pflegekraft, die Kurzzeitpflege, Hauspflegerin oder Arztbehandlungskosten. Vergessen Sie auch nicht die Fahrtkosten mit dem:r Pflegebedürftigen zu Arztterminen oder zur Betreuung des:r Pflegebedürftigen.

Pflege-Pauschbetrag

Beachten Sie, dass Sie Ihre eigene Pflegeleistung nicht absetzen können. Für die eigene Pflegeleistung kann nur der Pflege-Pauschbetrag In Anspruch genommen werden.

Hier finden Sie alle wichtigen Informationen zum Thema: „Pflege-Pauschbetrag – So erhalten Sie die Steuervergünstigung!“

Regelung für die Heimunterbringung

Tragen Sie die Kosten für die Heimunterbringung Ihres:r Angehörigen, können Sie diese Kosten ebenfalls als außergewöhnliche Belastungen in der Steuererklärung berücksichtigen.

Abziehbare Aufwendungen sind bspw. Pflegekosten, Unterbringung und Verpflegung, Fahrtkosten mit dem:r Pflegebedürftigen zu Arztterminen oder die Übernahme von Krankheitskosten. Werden Sie vom Amt dazu verpflichtet Zahlungen zu leisten oder übergeben das Geld direkt an den oder die Angehörige:n, können Sie auch diese Aufwendungen in der Steuererklärung geltend machen.

Als Heimunterbringungskosten können die angefallenen und die vom Heim und Pflegediensten in Rechnung gestellten Aufwendungen berücksichtigt werden. Dies sind beispielsweise Kosten für die Unterkunft, Pflege, Betreuung, Verpflegung, Pauschaltentgelt, Fahrtkosten Pflegesätze etc.

Verwehrt Ihnen das Finanzamt den Ansatz der Verpflegungs- und Unterkunftskosten, da nur ein Ansatz der Pflege und Betreuungskosten möglich ist, sollten Sie sich dagegen wehren. Es sind nämlich alle Kosten in Zusammenhang mit dem Heimaufenthalt abziehbar (bspw.: BFH, Urteil vom 30.6.2011 – VI R 14/10).

Achtung: Übernehmen Sie Kosten für eine altersbedingte Heimunterbringung können Sie diese nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigen, denn die altersbedingte Unterbringung ist laut der Rechtsprechung nichts „Außergewöhnliches“. Es gibt aber auch hier einige Ausnahmen zu beachten. Ein Abzug ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Mehr dazu erfahren Sie hier: „Kann ich Kosten für die Unterbringung im Altersheim von der Steuer absetzen?“

Pflege-Pauschbetrag auch bei Heimunterbringung möglich?

Ist der oder die Pflegebedürftige grundsätzlich im Heim untergebracht, aber Sie pflegen Ihre:n Angehörige:n auch teilweise am Wochenende oder in Urlaubszeiten selbst zuhause, steht Ihnen auch trotz Heimunterbringung ein Pflege-Pauschbetrag zu.

Kürzung der Pflegeaufwendungen

Leider können wiederum nicht alle Kosten in der Steuererklärung berücksichtigt werden, denn teilweise erhalten Pflegebedürftige Ersatzleistungen von Versicherungen oder die Kosten werden direkt von den Versicherungen beglichen. In der Steuererklärung können Sie nur die Kosten ansetzen, die Sie auch tatsächlich getragen haben. Daher kürzen diese Leistungen die abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen bzw. Aufwendungen.

Ersatzleistungen können sein:

  • Pflegegeld (§ 37 SGB XI) der gesetzl./privaten Pflegeversicherung
  • Pflegesachleistungen (§ 36 SGB XI) sofern nicht direkt mit Pflegedienst abgerechnet
  • Pflegezulage (§ 35 BVG)
  • Pflegetagegeld der privaten Pflegetagegeldversicherung
  • Leistungen (§ 17 SGB IX) i. R. des persönlichen Budgets bei Behinderung
  • Leistungen der privaten Pflegerentenversicherung

 

Bei der Heimunterbringung ist zusätzlich zu beachten, dass eine Haushaltsersparnis anzurechnen ist, wenn der oder die Angehörige den früheren Haushalt aufgelöst hat. Das heißt, wird der Haushalt beibehalten oder ist Ihr:e Angehörige:r nur kurzfristig im Heim untergebracht oder wird die Wohnung weiterhin durch den oder die Ehegatten:in bewohnt, muss keine Haushaltsersparnis angerechnet werden.

Auch können die Kosten nur insoweit berücksichtigt werden, als dass der oder die Pflegebedürftige die Pflegeaufwendungen nicht selbst tragen kann. Die Aufwendungen sind um die eigenen Einkünfte und Bezüge zu kürzen, aber nur so lange diese den Grundfreibetrag übersteigen:

Eigene Einkünfte – Grundfreibetrag = Grundfreibetrag übersteigender Betrag

Dieser Betrag kürzt dann die gesamten Pflegeaufwendungen. Klingt kompliziert? Kein Wunder, das ist es leider auch.

Zur Veranschaulichung ein Beispiel:

Max übernimmt im Jahr 2021 die Pflegekosten seiner Mutter in Höhe von 20.000 Euro. Die Mutter lebt in ihrer eigenen Wohnung und wird von einem Pflegedienst betreut. Von der Pflegeversicherung werden Max 5.000 Euro erstattet. Die Einkünfte der Mutter betragen 12.744 Euro.

Anzurechnender Betrag der Mutter:
Eigene Einkünfte 12.744 €
– Grundfreibetrag von 2021 9.744 €
= 3.000 €

Insgesamt kann Max dann folgende außergewöhnliche Belastungen geltend machen:
Pflegekosten 20.000 €
– Leistungen der Pflegeversicherung 5.000 €
– anzurechnender Betrag der Mutter 3.000 €
= 12.000 €

Bei den Heimunterbringungskosten erfolgt eine ähnliche Berechnung. Allerdings ist hier noch zusätzlich zu prüfen, ob die eigenen Einkünfte des:r Angehörigen höher oder niedriger als der Unterhaltshöchstbetrag plus Anrechnungsfreibetrag sind. Der maßgebliche Gesamtbetrag beträgt:

Welche Pflegekosten können Angehörige von der Steuer absetzen?

Zur Vereinfachung finden Sie hier den Berechnungsbogen zur Ermittlung der abziehbaren Heimunterbringungskosten für Angehörige.

Download: Berechnungsbogen | Heimunterbringung eines Angehörigen (PDF)

Steuerermäßigung nach § 35a EStG für Kostenübernahme bei Angehörigen?

Mit dem Urteil v. 3.4.2019 – VI R 19/17 hat der BFH entschieden, dass die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 S. 2 EStG nur von Steuerpflichtigen in Anspruch genommen werden kann, denen wegen ihrer eigenen Pflege Kosten entstehen. Im Streitfall handelte es sich um eine Heimunterbringung.

Ob Aufwendungen für die (ambulante) Pflege und Betreuung von in Ihrem eigenen Haushalt lebenden Angehörigen nach § 35a EStG abziehbar sind, ist bisher nicht geklärt. Vor dem BFH ist eine Revision (Az.: VI R 2/20) anhängig.


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Lena Freiberger

Unsere Steuerberaterin Lena Freiberger behält in unserem Verein den Überblick über alle steuerlichen Themen und die neuesten Steueränderungen. Als Teamleitung des Steuerservice steht sie unseren Beratungsstellen vor allem bei komplexen steuerlichen Anfragen stets mit ihrer Expertise zur Seite. Mit ihrer Leidenschaft zum Steuerrecht begeistert sie auch als Dozentin unsere Berater:innen in unseren Seminaren und gibt ihnen umfangreiches Wissen an die Hand. Somit ebnet sie den Weg zur erfolgreichen Beratung der Mitglieder unseres Lohnsteuerhilfevereins.